Ist SORGIM eine linksgerichtete Vereinigung?

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Ist SORGIM eine linksgerichtete Vereinigung?

Beitragvon Mail an SORGIM am Sa Sep 24, 2005 8:18 am

Sehr geehrter Herr Rappazzo,

Mir scheint, dass SORGIM eine linksgerichtete Vereinigung ist!

Meine Begründung und Vermutung:
Sie will mit dem demokratischen Wahlprozedere die Strukturen der noch genossenschaftlich organisierten Migros verändern. SORGIM glaubt hiermit viele Komponenten einer humanen Geschäftsführung unter einen Hut zu bringen. Grundsätzlich befürworte ich dies. Aber Theorie und Praxis sind selten vereinbar! Eine demokratisch geführte Unternehmung (korrigieren Sie mich) setzt bekanntlich auf das Mitspracherecht des "Arbeiters". Dieser ist am Erfolg oder Misserfolg einer Unternehmung mitverantwortlich. Er ist am Geschäftsvermögen beteiligt. Wie soll das in der Migros gehen? Viele, viele Probleme müssten gelöst werden.

Obwohl die Vereinigung "SORGIM", Pharma- und etwelche Grosskonzerne anprangert (Profitgier), sehe ich einen Widerspruch darin. Für mich haben Aktiengesellschaften durchaus gute demokratische Aspekte. Man denke an das Mitspracherecht eines Aktionärs. SORGIM bereitet mir ideologisch SORGEN! Der Name ist gut! ...

Teusche ich mich oder spüre ich richtig wenn ich vermute, dass SORGIM den Globalisierungs-Gegnern sympathisch gesinnt ist?

Wenn die Migros, Zitat von Sorgim:" erfolgreicher werden soll", dann sehe ich einen weiteren Widerspruch. Obwohl Sorgim Wachstum um jeden Preis verabscheut wird "besseres Wachstum" suggeriert (?). Mit Ihrer Demokratisierung und Mitgliederwerbung im Ausland (Deutschland) würde die Migros langfristig betrachtet genau zu dem werden was man verhindern wollte, ein kapitalistischer, geldgieriger Molloch. Auch demokratisch gefällte Entscheide müssen von einer verantwortlichen Person durchgesetzt werden. Nennt man ihn nun König, Chef oder CEO. Wo ist hier der "Grosse" Unterschied? Autokratisch - Demokratisch! Kommunismus, Marxismus und Kapitalismus! Schlussendlich haben alle Ideologien den gleichen Zweck nämlich vorwärtskommen. Links, Mitte oder Rechts!

Nur noch eines: Die zerstrittenen Linksparteien haben schon viel Unfug produziert, man denke nur an das heutige Krankenkassen-Modell. Es ist für alle ruinös! Das SORGIM-Modell macht die Migros auch ruinös. Ich bin ein grosser Befürworter der Genossenschaft Migros (so wie sie ist) !
Mit freundlichen Grüssen

Name ist SORGIM bekannt

(Mitglied Migros-Genossenschaft)
Mail an SORGIM
 

Beitragvon Pierre Rappazzo am So Sep 25, 2005 7:35 am

Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben uns ausführlich zu schreiben. Gerne entgegne ich Ihnen in einem konstruktiven Streitgespräch.

SORGIM als solches ist und bleibt politisch neutral! Das ist per Definition so und bleibt so! Genau wie die das schweizerische Demokratiesystem politisch neutral ist. Beide, SORGIM und die Schweiz stellen ein Gefäss zur Ausübung der Demokratie zur Verfügung nicht mehr und nicht weniger! Jeder der das Gegenteil behauptet, ist gegen die Selbstbestimmung des mündigen Menschen und träumt von einer gerechteren Obrigkeit, die klüger und weiser als das Volk ist.

Zu meiner Person, ich vertrete verschiedene Rollen, die nicht immer einfach auseinander zu halten sind. So bin ich Privatperson, Mitbesitzer der Migros sowie Ideologe und Präsident von SORGIM. Egal in welcher Rolle vertrete ich letztlich nur eine Meinung, wie auch der Bundesrat der Schweiz nur seine Meinung äussern kann, denn das Volk entscheidet, es ist der Souverän, zum dem auch Sie gehören.


Email an SORGIM hat geschrieben:Eine demokratisch geführte Unternehmung (korrigieren Sie mich) setzt bekanntlich auf das Mitspracherecht des "Arbeiters".


Ich korrigiere Sie: In unserem Wirtschaftssystem dem Kapitalismus, ist das Privateigentum das höchste Gut. Die Migros ist im Privateigentum der GenossenschafterInnen, wie fest diese die Mitarbeiter in die Entscheidungen einbeziehen wollen, ist ihnen überlassen.

Email an SORGIM hat geschrieben:Obwohl die Vereinigung "SORGIM", Pharma- und etwelche Grosskonzerne anprangert (Profitgier), sehe ich einen Widerspruch darin. Für mich haben Aktiengesellschaften durchaus gute demokratische Aspekte.


Ich als SORGIM Ideologe prangere weniger die Grosskonzerne an, sondern deren Chefs und dadurch deren Eigentümer (Aktionäre), die Ihre Verantwortung über Ihr Kapital nicht wahrnehmen. Konkret ist beispielsweise für mich, Daniel Vasella ein schlechter Geschäftsführer. Ich versuche dies mit Argumenten zu untermauern und so den Konsens der Wirtschaftspresse und anderen Akteuren in Frage zu stellen. Aber Sie haben recht der Souverän ist der Aktionär! Gemäss NZZ gehören bis zu 60% der börsenkotierten Unternehmen der Allgemeinheit, diese prangere ich an, sie billigt stillschweigend. Und so scheint es fast schizophren wenn sich die Öffentlichkeit über die Abzockermentalität enerviert und diese durch lethargisches vor sich hin dämmern aber stillschweigend unterstützt.

Email an SORGIM hat geschrieben: Teusche ich mich oder spüre ich richtig wenn ich vermute, dass SORGIM den Globalisierungs-Gegnern sympathisch gesinnt ist?


Sie täuschen sich! Aber die Globalisierungs-Gegner haben genau so das Recht, sich für die Demokratisierung der Migros einzusetzen wie die junge SVP.

Email an SORGIM hat geschrieben: Wenn die Migros, Zitat von Sorgim:" erfolgreicher werden soll", dann sehe ich einen weiteren Widerspruch. Obwohl Sorgim Wachstum um jeden Preis verabscheut wird "besseres Wachstum" suggeriert (?)....


Wo steht, dass SORGIM oder irgend ein Organ von SORGIM Wachstum um jeden Preis verabscheut? Das Gegenteil ist der Fall, wir sind sogar sehr für Wachstum. Ich verlange von unseren Wirtschaftsführern explizit Wachstum! Ich als Präsident und Ideologe von SORGIM halte, wie Urs P. Gasche und Hanspeter Guggenbühl in ihrem Buch ?Das Geschwätz vom Wachstum? beschreiben, Umsatzwachstum für ein sinnloses Ziel. Ich verlange als Mitbesitzer der Migros 3% Wachstum bei Gewinn, Cashflow, Investitionen und Lohnsumme (ohne die obersten 5%). Und das selbe verlange ich von all den Wirtschaftsführern, die das grossmäulig von der gesamten Ökonomie verlangen, sich selber aber wie selbstverständlich ausklammern!


Email an SORGIM hat geschrieben: Mit Ihrer Demokratisierung und Mitgliederwerbung im Ausland (Deutschland) würde die Migros langfristig betrachtet genau zu dem werden was man verhindern wollte, ein kapitalistischer, geldgieriger Molloch.


Es ist ein Denkfehler, den Kapitalismus für alles Übel auf dieser Welt verantwortlich zu machen. Es sind die Menschen nicht das System. Man muss sich den prägendsten Wesenszug des Menschen bewusst werden, um die Lösung zu sehen. Der Mensch ist in erster Linie ein Egoist, sein ganzes Handeln richtet er auf sich aus. Die Demokratie und die freie Marktwirtschaft sind die einzigen bekannten Organisationsformen, die diese unangenehme Eigenschaft zum Vorteil aller bündelt. Indem der Einzelne seinen Vorteil sucht, handelt er in einer echten Demokratie zum Vorteil aller!

Email an SORGIM hat geschrieben: Auch demokratisch gefällte Entscheide müssen von einer verantwortlichen Person durchgesetzt werden. Nennt man ihn nun König, Chef oder CEO. Wo ist hier der "Grosse" Unterschied?


Den Unterschied habe ich oben erklärt. Wer sich bevorteilen kann tut es, so ist der Mensch. Ein König oder CEO der sich gegenüber seinen Eigentümern nicht verantworten muss, handelt in seinem eigenen Interesse und deshalb gegen die Interessen der Eigentümer des ihm anvertrauten Vermögens! Natürlich müssen die demokratisch gefällten Entscheide über eine klare Hierarchie umgesetzt werden. Nirgends behaupte ich etwas anderes, ich schreibe ja explizit im SORGIM Buch, dass beispielsweise das bestehende Migros Management bei einem Wahlsieg durch SORGIM im Amt bleiben wird und sich beweisen kann. Es hat die Aufgabe den Willen des Souveräns umzusetzen, daran wird es gemessen.

Email an SORGIM hat geschrieben: Nur noch eines: Die zerstrittenen Linksparteien haben schon viel Unfug produziert, man denke nur an das heutige Krankenkassen-Modell. Es ist für alle ruinös


Was hat jetzt das mit SORGIM zu tun? Die von Ihnen angesprochene desolate Zustand unseres Gesundheitswesens, rührt ja gerade vom wachsenden Demokratiedefizit in der Schweiz. Oder wussten Sie, dass mehr als die Hälfte der Schweizer Parlamentarier von Firmen Geld kassieren, die im Gesundheitswesen tätig sind? Sollten bei Ihnen da nicht alle Warnsirenen heulen? Echte Demokratie bedarf eben auch echter Transparenz, sonst versuchen die Akteure immer wieder sich Vorteile zu verschaffen. So ist der Mensch, das muss man immer wieder in die Überlegungen einbeziehen.


Email an SORGIM hat geschrieben: Das SORGIM-Modell macht die Migros auch ruinös.


Studien haben bewiesen, dass Unternehmen in denen die Eigentümer bestimmen deutlich erfolgreicher abschneiden als andere. Auch die Finanz und Wirtschaft wahrlich kein linkes Blatt und der Finanzmarkt haben dies festgestellt http://www.sorgim.ch/swissfirst.html In Südamerika gibt es ein Unternehmen namens SEMCO, dass radikal demokratisch geführt wird, und seit zwei Jahrzehnten das erfolgreichste Unternehmen Südamerikas (gemessen am Wachstum!) ist. Der Umsatz beträgt mittlerweile mehrere Milliarden US Dollar. Und SORGIM setzt lediglich die Vorgaben Gottlieb Duttweilers um, die übrigens noch immer verbindlich in den Migros Statuten verankert wären, aber das Migros Management hält sich ungestraft nicht daran! Es ist deshalb nicht das SORGIM-Modell sondern wenn schon, das Duttweiler-SORGIM-Modell!
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Randbemerkungen

Beitragvon René Wagber am Fr Okt 07, 2005 1:09 pm

Globalisierung ist weder gut noch schlecht. Es kommt nur darauf an, unter welchen Bedingungen sie durchgeführt wird.

Aktiengesellschaften sind weder gut noch schlecht. Es kommt nur darauf an, was für eine Strategie gefahren wird und ob die Rechte der Mitarbeiter konsequent akzeptiert werden.

Verwaltungsräte und Geschäftsführer sind ebenfalls individuell zu bewerten.
Wie unter allen Gattungen gibt es Räuber, Diebe, Asoziale sowie sehr positiv Wirkende.

Es ist immer schwierig, eine Diskussion auf der ideologischen Ebene zu führen. Praktischer ist es, das konkrete Problem zu bewerten.

Mit freundlichen Grüßen
René Wagner
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Wir müssen uns nicht mit aller Kraft wehren..

Beitragvon Exof am Fr Okt 07, 2005 3:32 pm

Wir müssen uns nicht mit aller Kraft gegen Wachstum, Globalisierung wehren. Es ja nicht nur negativ, sondern es sind auch Veränderungen. Die ein zusammen rücken der Menschen, die sich sonst nie begegnen würden hervorruft. Frieden ist ja auch ein Thema. Natürlich dürfen wir nicht das weltweite Durchdringung von Wirtschaftsprozessen, und der globalen Ausrichtung von multinationalen Unternehmen hinnehmen.

Vielmehr sollte man die ganze Kraft aufbringen, der Menschen wieder in den Mittelpunkt des Geschehns zu rücken. Erst dann sind wir in der Lage mit der mobilisierten Kräften Prozesse mitzubestimmen.
Exof
 

Who is SEMCO

Beitragvon Beat am Fr Okt 07, 2005 7:10 pm

Konnte über SEMCO nichts finden. Bitte mehr Details.
Danke.
Beat
 

Beitragvon Pierre Rappazzo am Sa Okt 08, 2005 11:23 am

@Beat: unter folgendem Link gibt es mehr Infos zu SEMCO http://www.sorgim.ch/Buch-empfehlung.html

@exof und René Wagner: Absolut, es gibt gutes und nützliches Wachstum. Wir sollten unsere Energie dafür einsetzen, dieses zu fördern.

@René Wagner: Einzig bei den Verwaltungsräten und Geschäftsführern von grossen Unternehmen teile ich Ihre Ansicht nicht. Wenn wir davon ausgehen, dass wir Menschen vorallem egoistisch handeln, sind die heutigen Strukturen für das oberste Management nicht sehr motivierend, sich für das Unternehmen und deren Eigentümer einzusetzen. Die Firmen müssen den Eigentümern gegenüber viel transparenter werden.
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Beitragvon Gast2 am Mo Jan 23, 2006 10:39 pm

Wir leben in einer realen Welt, wo man dem Menschen nicht einfach vor allem egoistisches Handeln à la homo economicus unterstellen kann. Natürlich setzen die Rahmenbedingungen die Handlungsgrenzen fest und das die Rahmenbedingungen nicht immer optimal sind, da widerspricht Ihnen nicht einmal die Wirtschaftselite. Doch einfach alle in einen Topf werfen finde ich doch sehr gefährlich und propagandistisch. Ich stimme hier Herr Wagner zu, dass man bei dieser Thematik nicht generalisieren sollte und auch nicht darf, sondern die jeweilige Situation anschauen muss. Alles andere ist Populismus und Propaganda. Es wäre wohl angebracht, dass SORGIM differenziertere Aussagen vertreten würde...
Gast2
 

Beitragvon Pierre Rappazzo am So Jan 29, 2006 2:12 pm

Gast2 hat geschrieben:Wir leben in einer realen Welt, wo man dem Menschen nicht einfach vor allem egoistisches Handeln à la homo economicus unterstellen kann. ...


Gast2 bezieht sich dabei auf meine Aussage, „Man muss sich den prägendsten Wesenszug des Menschen bewusst werden, um die Lösung zu sehen. Der Mensch ist in erster Linie ein Egoist, sein ganzes Handeln richtet er auf sich aus.“ weiter oben.

Es ist dabei nicht die Rede vom “homo oeconomicus“ von dem die Theorie besagt, dass jede Handlung allein durch die Maximierung des persönlichen wirtschaftlichen Nutzens auf Basis rationaler Überlegungen determiniert ist. Sondern davon, dass die Motive des Menschen vorwiegend egoistischer Natur sind. Das kann auch zu seinem Nachteil sein, wenn der Mensch das will. Grundsätzlich widerspricht dieser Aussage wohl niemand, wenn es denn Ausnahmen geben sollte, bestätigen diese lediglich die Regel.

Gast2 hat geschrieben: Doch einfach alle in einen Topf werfen finde ich doch sehr gefährlich und propagandistisch. Ich stimme hier Herr Wagner zu, dass man bei dieser Thematik nicht generalisieren sollte und auch nicht darf, sondern die jeweilige Situation anschauen muss. Alles andere ist Populismus und Propaganda. Es wäre wohl angebracht, dass SORGIM differenziertere Aussagen vertreten würde...


Werden Sie Konkret, Sie generalisieren gerade selber. Defacto ist es zur Zeit einfach so, dass in jeder grossen Firma, bei der es keine Mehrheitsaktionäre gibt, die ursprünglich im OR definierten Eigentumsrechte nicht ausgeübt werden können. Nennen Sie mir ein grosses Unternehmen, in dem nicht ein Machtklüngel ohne Eigentum am Unternehmen die Verfügungsgewalt hat. Vielleicht gibt es ja Ausnahmen. Im Gegensatz zu der genossenschaftlich organisierten Migros oder Coop, gibt es bei den börsenkotierten Unternehmen wenigstens ein börsliches Korrektiv. Nur die langfristige Verantwortung für das Unternehmen trägt auch bei diesen Unternehmen die Öffentlichkeit. Eine Öffentlichkeit, die notabene teilweise über Pensionskassen und Fonds sogar die Mehrheit des Unternehmens besässen, aber keine Rechte hat.

SORGIM setzt sich dafür ein, dass diejenigen, denen das Unternehmen gehört, auch die Verantwortung für ihr Eigentum übernehmen. Eigentlich legitim oder nicht?
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