Die Finanzkrise hat die Börsen weltweit fest im Griff. Investmentlegende Jim Rogers erklärt im Handelsblatt-Interview, warum es besser wäre, Problembanken pleite gehen zu lassen, anstatt sie mit staatlichen Geldern zu retten. Anlegern rät er, auf fallende Kurse zu setzen.
Jim Rodgers glaubt nicht, dass der Sozialismus der Reichen der USA die US Wirtschaft retten wird, hat alle US-Finanzaktien verkauft und chinesische Aktien gekauft, hat New York verlassen und sich in Singapur niedergelassen und lässt seine Tochter chinesisch lernen.
The U.S. Economy Is Socialism for the Rich
Hier ist sein Blog und hier mehr Information über ihn bei Wikipedia
Jim Rogers legte den Grundstein für seinen Ruf und seinen Reichtum in den siebziger Jahren. Damals führte er gemeinsam mit dem Spekulanten George Soros einen Fonds, der in dieser Zeit eine Rendite von 4200 Prozent abwarf, während der Standard&Poors-500-Index nicht mal 50 Prozent schaffte. 1980 ließ Rogers sich auszahlen und ging fortan seinen eigenen Weg. Im Sommer 1998, als die meisten an der Wall Street dem Internethype erlagen, legte er einen Rohstoff-Fonds auf - genau zum richtigen Zeitpunkt, wie man heute weiß.Jim Rogers: „Die USA verlieren ein Jahrzehnt“. Udo Rettberg und Ingo Narat hat geschrieben:Die Finanzmärkte erleben das von Ihnen angekündigte Chaos. Wie geht es weiter?
Was in Washington und New York abläuft, ist nicht nur schlecht für die USA, sondern für die ganze Welt. Das Auffangen von Pleitebanken führt lediglich dazu, dass die riesigen Probleme weiter in die Zukunft verlagert werden. Es muss darum gehen, dass Finanzsystem zu reinigen, nicht weiter zu stützen.
Also kann heute noch keine Entwarnung gegeben werden?
Nein, ganz im Gegenteil. Wenn die Notenbanker und Finanzminister durch das Schnüren riesiger Hilfspakete ihr Pulver verschossen haben, werden die Finanzmärkte im nächsten Jahr noch mehr Probleme bekommen. Die Politik bekämpft das Übel nicht an der Wurzel.
Was wäre die Alternative für die Politiker gewesen?
Sie hätten all die Investmentbanken pleite gehen lassen sollen, die in der Vergangenheit unsolide gewirtschaftet, die Grundlagen des soliden Bankgeschäfts missachtet und die ganze Welt fahrlässig in die Krise gestürzt haben.
Wäre das Chaos an den Finanzmärkten dann nicht noch größer gewesen?
Kurzfristig möglicherweise ja. Doch diese marktwirtschaftliche Lösung hätte die allgemeine Bereitschaft und Kraft zur Erneuerung deutlich erhöht. Bekanntlich sind nur dann grundlegende Veränderungen möglich, wenn es in einer Krise so richtig weh tut.
Gilt das vor allem für die USA oder auch für andere Regionen in der Welt?
Am stärksten sind zweifellos die USA betroffen. Die werden sehr, sehr lange brauchen, bis sie diese Krise überstanden haben. Das erinnert mich an Japans 80er Jahre, die als "verlorene Dekade" in die Geschichte eingegangen sind. Ähnliches befürchte ich für die USA.
Haben Politiker erneut die falsche Medizin verabreicht?
Ja. Sie wählen erneut den Weg, der schon in der Vergangenheit keinen Erfolg brachte. Wir sollten uns daran erinnern, dass Russland und Südkorea bei Krisen in den 90er Jahren anders reagiert und ungesunde Unternehmen in die Insolvenz haben abgleiten lassen. Das hat die Märkte bereinigt und beiden Volkswirtschaften zum langfristigen Aufschwung verholfen. Das wäre auch in den USA die richtige Medizin gewesen. Die Reaktion der Märkte auf die Pläne Washingtons ist meist positiv. Interpretieren die Anleger die Geschehnisse also falsch?
Was wir erleben, ist nur der Versuch, die Märkte zu beruhigen. Die Aktienkurse können sicher noch für eine kurze Weile nach oben laufen. Aber ich warne davor, zu glauben, die Risiken seien damit aus dem Markt.
Heißt das auch, dass weitere Banken gefährdet sind?
Zunächst kaum, weil Problembanken von Regierungen aufgefangen werden. Mittelfristig besteht jedoch die Gefahr weiterer Bankenpleiten.
Welche Krisen-Strategie empfehlen Sie Anlegern?
Wer Aktien hat, sollte Kurserholungen zu Gewinnmitnahmen nutzen. Zudem macht es Sinn, konsequent auf weiter sinkende Kurse von Finanzwerten und auch auf einen schwächeren Dollarkurs zu setzen.
Und was sollte ein Anleger dann mit seinem Geld tun - auf China setzen, wie Sie es tun?
Ich habe in der Tat meine Aktien-Positionen in China weiter leicht aufgestockt. China wird in den nächsten Jahren weiter stark wachsen. Wer daran glaubt, sollte sein Geld dort investieren.
Sind Rohstoffe nach dem Preisrutsch wieder interessant?
In einem Rezessions-Szenario leiden auch Rohstoffe, wie wir derzeit sehen. Ich bin davon überzeugt, dass Rohstoffe im Vergleich zu Aktien und Anleihen die interessantere Anlageklasse sind.
Welche Rohstoffe favorisieren Sie derzeit?
Ich setze auf Agrar-Rohstoffe, weil hier die Angebotslücken oft am größten sind.