Erstmals wieder mehr als 100'000 Arbeitslose

Wir werden in den nächsten Tagen die neue SORGIM Homepage aufschalten. Neue Beiträge würden verloren gehen, wir haben deshalb die Foren für neue Beiträge geschlossen.

In diesem Forum finden Sie Beträge, die der SORGIM Vorstand nicht innerhalb der SORGIM Diskussion, um die Migros oder um die direkte demokratische Unternehmensführung sieht. In einer Demokratie muss aber auch Platz für andere Meinungen sein, dieser Platz ist hier.

Moderator: Pierre Rappazzo

Forumsregeln
In diesem Forum finden Sie Beträge, die der SORGIM Vorstand nicht innerhalb der SORGIM Diskussion, um die Migros oder um die direkte demokratische Unternehmensführung sieht. In einer Demokratie muss aber auch Platz für andere Meinungen sein, dieser Platz ist hier.

Erstmals wieder mehr als 100'000 Arbeitslose

Beitragvon zuyox am Fr Nov 07, 2008 10:45 am

Erstmals wieder mehr als 100'000 Arbeitslose - NZZ
Konjunkturabschwächung hat noch nicht voll auf Arbeitsmarkt durchgeschlagen
Die Zahl der Arbeitslosen hat in der Schweiz im Oktober erstmals seit einem halben Jahr wieder die Marke von 100'000 überschritten. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat von 2,4 auf 2,5 Prozent. Die Konjunkturabschwächung hat aber noch nicht voll auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen.

(ap) Höher als im Oktober war die Quote in der Schweiz letztmals im April mit 2,6% gewesen, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Freitag mitteilte. Die Zahl der bei den Arbeitsämtern als arbeitslos registrierten Menschen nahm im vergangenen Monat um 4491 auf neu 100'471 Betroffene zu. Bei der Jugendarbeitslosigkeit kam es hingegen zu einem leichten Rückgang, nachdem die Zahl in den beiden Vormonaten wegen der Lehr- und Studienabgänger deutlich zugenommen hatte. Die Jugendarbeitslosenquote blieb mit 3,1 Prozent aber deutlich über dem Durchschnitt. Die Oktober-Statistik macht weiter deutlich, dass die Konjunkturabschwächung noch nicht voll auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen hat. Gegenüber dem Vorjahresmonat verminderte sich die Arbeitslosigkeit um 1568 Personen (-1,5%). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote verharrte auf dem Stand des Vormonats von 2,6 Prozent. Die Zahl der offenen Stellen ging hingegen zurück, um 586 auf 13'546 Stellen. Für die Kurzarbeit liegen erst Zahlen vom August vor; sie gingen auf tiefem Niveau nochmals zurück.
zuyox
 
Beiträge: 426
Registriert: Mo Aug 29, 2005 9:16 am

Re: Erstmals wieder mehr als 100'000 Arbeitslose

Beitragvon zuyox am Fr Nov 07, 2008 10:55 am

Arbeit wird Mangelware - NZZ
Der Chef der Direktion Arbeit im Seco Serge Gaillard im Interview
Die Zahl der Arbeitslosen wird von heute 96 000 auf rund 140 000 ansteigen. Damit rechnet Serge Gaillard, Chef der Direktion Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft. Die jüngsten Konjunkturprognosen gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit von heute 2,4% auf über 3% ansteigt.


Daniel Hug
So rasch wie der Winter eingebrochen ist, so schnell kühlt sich auch die Wirtschaft ab. Die Ökonomen der Zürcher Kantonalbank sehen die Schweizer Wirtschaft bereits in einer Rezession. Die Wirtschaftsleistung schrumpfe nächstes Jahr um 0,3%, sagt ZKB-Volkswirt David Marmet voraus. «Der Export entwickelt sich negativer als bisher angenommen, und Ausrüstungsinvestitionen werden auf die lange Bank geschoben», begründet er. Düster ist sein Ausblick auf den Arbeitsmarkt: «Die Arbeitslosigkeit wird laut unseren Prognosen nächstes Jahr auf 3,2% klettern, was etwa einer Zahl von 125 000 Arbeitslosen entspricht.» Im September waren erst 96 000 Arbeitslose oder 2,4% der Beschäftigten als erwerbslos registriert. Im Jahr 2010 wird die Arbeitslosenquote laut Marmet gar auf 3,4% steigen. Im Vergleich zu heute wäre das eine Zunahme von 40 000 Arbeitslosen. Die UBS Investmentbank zielt mit ihrer Prognose in die gleiche Richtung: Sie rechnet mit einem Anziehen der Arbeitslosigkeit auf 3,5% im Jahr 2010. Damit liegt sie gleichauf mit dem Forschungsinstitut Créa, das ebenfalls 3,5% Arbeitslose vorhersagt – allerdings schon für das nächste Jahr. Danach steige die Quote auf über 4% an, prognostizieren die Westschweizer Ökonomen. Bei derart trüben Aussichten sind der Bund und die Arbeitslosenversicherung besonders gefordert. Serge Gaillard, Chef der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), erläutert, wie er die Probleme anpacken will.

NZZ am Sonntag: Die Ökonomen der ZKB rechnen nächstes Jahr mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 3,2%, das Institut Créa gar auf 3,5%. Wie düster sieht es auf dem Arbeitsmarkt aus?
Serge Gaillard: Wegen der weltwirtschaftlichen Verwerfungen rechnen wir mit einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur in der Schweiz. Das wird vor allem in Form von rückläufigen Exporten spürbar. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass der Konsum noch einige Zeit die Konjunktur stabilisieren wird. Unsere Prognosen für nächstes Jahr haben wir noch nicht angepasst. Fällt das Wachstum unter 1%, wird ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit folgen. Die Arbeitslosenquote würde im Jahresschnitt rund 3% erreichen. Die von Créa genannten 3,5% erscheinen uns jedoch zu hoch.

Was heisst das für nächstes Jahr?
Im Jahresdurchschnitt müssten wir etwa mit 120 000 Arbeitslosen rechnen. Und gegen Ende des nächsten Jahres ginge es gegen 140 000.

Müssen wir 2010 mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit rechnen?
Beschäftigung und Arbeitslosigkeit reagieren verzögert auf die Konjunkturentwicklung. Es ist heute schwierig vorauszusagen, wie lange die Finanzkrise, die weltwirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Zurückhaltung bei den Investitionen dauern werden.

Was unternimmt das Seco, um die steigende Erwerbslosigkeit einzudämmen?
Die Arbeitslosenversicherung verfügt über eine Palette von Instrumenten. Für die Exportindustrie ist die Einführung von Kurzarbeit das Naheliegendste. Die Gesuche für Kurzarbeit haben auch bereits zugenommen. Sie ermöglicht Unternehmen, die Produktion vorübergehend einzuschränken, ohne Personal entlassen zu müssen.

Alleine im vergangenen Jahr kamen netto 83 400 Arbeitskräfte aus dem Ausland in die Schweiz. Werden sie auch im Abschwung bleiben?
Sie arbeiten hier und haben das Recht, hierzubleiben. Wenn sie 12 Monate Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlt haben, sind sie bezugsberechtigt, wenn sie ihre Arbeit verlieren. Erfahrungsgemäss schwächt sich die Einwanderung aber in wirtschaftlichen Flautezeiten rasch ab. Personen, die vor ein bis drei Jahren eingewandert sind, kehren zudem häufig wieder in ihr Heimatland zurück – unabhängig von der Konjunkturlage. Die Personenfreizügigkeit und die damit verbundenen Wanderungsbewegungen werden den Arbeitsmarkt deshalb in absehbarer Zeit entlasten.

43% der Arbeitslosen stammen aus dem Ausland. Steigt ihr Anteil weiter an, wenn die Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien ausgedehnt wird?
Nein. Im Gegenteil, wir beobachten in den letzten Jahren eine zunehmende Einwanderung von Leuten mit Berufen wie Techniker, Ingenieur und Informatiker. Bei diesen Tätigkeiten ist das Risiko, arbeitslos zu werden, geringer als in anderen Arbeitsfeldern. Der grosse Anteil der Ausländer bei den Arbeitslosen hat in erster Linie damit zu tun, dass sie in Branchen mit einem höheren Risiko, arbeitslos zu werden, tätig sind, wie etwa im Gastgewerbe und in der Bauwirtschaft. In diesen Tätigkeitsgebieten sind die Anstellungsbedingungen weniger stabil, es gibt mehr befristete Stellen, und man reagiert auf wirtschaftliche Schwierigkeiten rascher mit Entlassungen.

Muss der Staat die Konjunktur anschieben?
Die konjunkturelle Abschwächung trifft die Schweiz vor allem über die Exportindustrie. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass der Konsum noch bis ins nächste Jahr hinein die Wirtschaft stabilisieren wird. Das engt den Rahmen für sinnvolle wirtschaftspolitische Massnahmen ein. Wichtig ist, dass die monetären Bedingungen stimmen, insbesondere die Entwicklung des Wechselkurses. Ebenso bedeutsam ist, dass wir für die Exportwirtschaft stabile Rahmenbedingungen aufrechterhalten können. Da fällt die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit stark ins Gewicht, denn sie ist mit einer ganzen Serie von bilateralen Abkommen mit der EU verbunden.

Sie waren in Ihrer früheren Funktion als Chefökonom des Gewerkschaftsbundes ein Anhänger von staatlichen Konjunkturprogrammen. Ist das nun vorbei?
In den 1990er Jahren steckte die Schweiz in einer tiefen, fünfjährigen Baukrise – und verfolgte eine restriktive Geldpolitik. Da war es wichtig, Investitionen vorzuziehen und die Geldpolitik zu lockern. Heute ist die Binnenkonjunktur vorläufig noch stabil, das Zinsniveau tief. Wichtig ist aber auch heute, dass die öffentliche Hand in einem Abschwung die automatischen Stabilisatoren wirken lässt. So werden die Ausgaben der ALV zunehmen, ohne dass gleichzeitig die Beiträge erhöht werden. Das stabilisiert die Konjunktur.
zuyox
 
Beiträge: 426
Registriert: Mo Aug 29, 2005 9:16 am


Zurück zu Politik und Wirtschaft

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron