Die fetten Boni für Banker sind passé
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaf ... 31495.htmlFührungsfiguren der Branche üben sich bereits im freiwilligen Verzicht
Die UBS-Führung führt Gespräche mit ihren gefeuerten Ex-Managern. Sie sollen einen Teil der millionenhohen Lohnfortzahlungen zurückzahlen. Der Druck für eine staatliche Regelung der Entschädigung von Bankern nimmt zu.
Birgit Voigt
Die UBS führt mit ehemaligen Mitgliedern des Topmanagements vertrauliche Gespräche über eine Rückzahlung von Boni. Diese Aussage von Konzernchef Marcel Rohner in der «Arena» vom Freitag konkretisierte UBS-Präsident Peter Kurer am Samstag in einem Interview mit Radio DRS. Die betroffenen Leute seien jetzt aufgefordert, sich selber zu überlegen, wie sie die Lage einschätzen und was sie beitragen könnten. «Ich wäre froh, wenn wir das einfach, schnell und schmerzlos erledigen könnten, statt Prozesse zu führen.» Drei der Mitverantwortlichen für das UBS-Debakel – der damalige CEO Peter Wuffli, Finanzchef Clive Standish und Investment-Banking-Chef Huw Jenkins – dürfen sich nach ihrem Rauswurf 2007 dank ihrer langen Kündigungsfrist bis 2009 noch auf Lohnzahlungen in Höhe von 60 Mio. Fr. freuen. Auch Marcel Ospels Bezüge sind stattlich, vor allem wenn man sie in Relation zu den erwirtschafteten Verlusten setzt.
Staatlicher Druck
Ein anderes Beispiel von Bereicherung ist der Abgang des UBS-Investment-Chefs John Costas. Der Vorgänger von Jenkins durfte – nachdem er mit seinem Abgang gedroht hatte – 2005 unter dem Dach der UBS einen eigenen Hedge-Fund namens Dillon Read Capital Management auf die Beine stellen, mit 3,5 Mrd. $ Kapital aus der UBS dotiert. Costas soll einer der bestbezahlten Manager der UBS gewesen sein. Der Hedge-Fund stieg ins Geschäft mit den Subprime-Hypothekar-Papieren ein, und die UBS verlor rund 600 Mio. Fr. Costas und seine wichtigsten Helfer wurden gemäss Pressespekulationen mit je 25 Mio. $ Abfindung in die Wüste geschickt. Es sind diese Beispiele, die den Druck für eine staatliche Regelung von Banker-Entschädigungen erhöhen. In Deutschland und in Grossbritannien liegen staatliche Entwürfe zu einschneidenden Beschränkungen bereits vor. Gemäss der Online-Ausgabe der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» vom Freitag setzt die Bundesregierung in ihrem Hilfsangebot an Banken einen Lohnstopp. «Bei Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen gilt eine monetäre Vergütung, die 500 000 Euro pro Jahr überschreitet, als unangemessen», heisse es im Entwurf. «Boni und andere in das freie Ermessen des Unternehmens gestellte Vergütungsbestandteile sollen nicht gezahlt werden, solange das Unternehmen Stabilisierungsmassnahmen des Fonds in Anspruch nimmt», zitiert die FAZ aus dem Entwurf des deutschen Finanzministeriums. Ähnliche Bestrebungen gibt es in der EU, und auch in den USA müssen sich Finanzinstitute, die von staatlichen Rettungsmassnahmen profitieren, eine Begrenzung der Managerbezüge gefallen lassen. Die exponierten Vertreter der Banker-Riege haben die Zeichen der Zeit erkannt. Josef Ackermann war letztes Jahr als Konzernchef der Deutschen Bank mit 14 Mio. Euro noch der Spitzenverdiener unter den deutschen Managern. Obwohl die Deutsche Bank keine Staatshilfe angefordert hat, gab Ackermann am Freitag bekannt, sich 2008 «freiwillig» mit seinem Grundgehalt bescheiden zu wollen. Praktisch seine gesamte Geschäftsleitung folgte dem Beispiel. Auch Peter Kurer hat schon wiederholt erklärt, im Katastrophenjahr 2008 mit seinem Grundlohn von 2 Mio. Fr. vorlieb zu nehmen. Er hat inzwischen noch ein Statement nachgeschoben: «Auch ich empfinde Boni über 10 Mio. Fr. als stossend.» Die Aussage kommt einen Tag, nachdem er am Donnerstag noch erklärt hatte, zweistellige Bonuszahlungen seien weiterhin denkbar. Die neue Richtungsvorgabe von Kurer ist dennoch eindeutig: Bei der UBS werden auch einige Konzernleitungsmitglieder über das Grundgehalt hinaus 2008 keine oder keine nennenswerten Zahlungen erhalten. Gemäss internen Quellen sind dazu Gespräche im Gang. Konzernchef Marcel Rohner hat im letzten Jahr bereits auf den Bonus, der ihm als Leiter Vermögensverwaltungsgeschäft bis Mitte 2007 zustand, verzichtet. Auch für 2008 erwartet er laut Sprecherin «keinen Bonus».
Geringere Summen
Selbst wenn die Gespräche der UBS mit ihren ehemaligen Spitzenmanagern von Erfolg gekrönt sein sollten, dürften die Erwartungen der Öffentlichkeit an die Höhe der Rückzahlungen enttäuscht werden. Denn ein Teil der Boni hat sich mit sinkenden Aktienkursen in Luft aufgelöst. Fakt ist, dass die leitenden UBS-Manager die Hälfte ihrer Leistungszulagen in Aktien ausgezahlt erhielten; diese unterlagen einer mehrjährigen Verkaufssperre. Dazu mussten die Topmanager ein Mehrfaches ihres Jahreseinkommens in UBS-Aktien halten. Dazu ein Beispiel: Marcel Ospel durfte sein 2005 mit 9,6 Mio. Fr. bewertetes Aktienpaket bis heute nicht verkaufen. Dessen Wert liegt inzwischen bei 1,2 Mio. Fr. Die UBS arbeitet an einem neuen Lohn- und Bonussystem, in dem die Barkomponente deutlich sinken wird. Bis Ende Jahr soll der Plan der Eidgenössischen Bankenkommission vorgelegt werden. EBK-Präsident Eugen Haltiner hat bereits konkrete Ideen: Er will die Verknüpfung zwischen Gewinnen und eingegangenen Risiken stärken. Ein Bonus-Malus-System soll über mehrere Jahre die Leistungen des Mitarbeiters sowie die Bank-Ergebnisse im Gesamten aufrechnen und somit allfällige Boni an den langfristigen Geschäftserfolg binden.
Wir leben mitten in einem Paradigmenwechsel
Thomas Kuhn, ein amerikanischer Wissenschaftstheoretiker und Wissenschaftshistoriker, der zu den bedeutendsten Wissenschaftsphilosophen des 20. Jahrhunderts gehört, publizierte 1962 "The Structure of Scientific Revolutions" wo Kuhn die Wissenschaft als Wechselspiel zwischen Phasen der Normalwissenschaft und der wissenschaftlichen Revolutionen beschreibt.
Ein wichtiges Konzept ist hierbei das des Paradigmas.
Eine Revolution ist nach Kuhn stets mit einem Paradigmenwechsel verbunden. Paradigmen von Theorien, die durch eine Revolution getrennt sind, bezeichnet Kuhn als inkommensurabel, nicht mit gleichem Maß messbar.
Der Begriff des Paradigmas ist ein zentraler Punkt in Kuhns Philosophie. Während er ihn in Structure noch sehr frei und in unterschiedlichen Bedeutungen benutzt, bemühte sich Kuhn in späteren Publikationen, den Begriff zu präzisieren.
Kuhn übernahm für seine Theorie den Ausdruck Paradigma aus der Linguistik.
In Kuhns ursprünglicher Verwendung sind Paradigmen „konkrete Problemlösungen, die die Fachwelt akzeptiert hat“.
Hiermit sind Beispiele wie die schiefe Ebene gemeint, deren Lösungen schon Studenten in Lehrbüchern beigebracht wird, aber auch andere allgemein akzeptierte Problemlösungen. Diese dienen als Hilfsmittel, um über Analogiebildung andere Probleme zu lösen.
In Structure erhalten Paradigmen zusätzlich eine globale Bedeutung: Nahezu alles, worüber in der Wissenschaft Konsens besteht, ist paradigmatisch. Gemäß dieser Begriffsausweitung können unter anderem auch ganze Theorien paradigmatisch sein. Kuhn wurde in den Folgejahren für diese philosophisch nicht unproblematische Aufweichung des Paradigmenbegriffes oft kritisiert.
Zu Beginn der 70er Jahre änderte Kuhn hierauf seine Terminologie.
Paradigmen im weiten Sinne bezeichnete er nunmehr als disziplinäre Matrix, während er konkrete Problemlösungen fortan Musterbeispiele nannte.
Die Ausdrücke Paradigma und Paradigmenwechsel verwendete er nur noch selten. Sie hatten bereits eine Eigendynamik gewonnen, gegen die Kuhn nichts mehr auszurichten vermochte. In einem Interview gab er 1995 zu: „Paradigm was a perfectly good word, until I messed it up“.
Die Existenz eines Paradigmas ist für Kuhn ein Zeichen reifer Wissenschaften, es ist allerdings nicht ein notwendiges Kriterium für Wissenschaftlichkeit. Kuhn bezeichnet vorparadigmatische Wissenschaft auch als Protowissenschaft.
Mangels anerkannter Musterbeispiele besteht für den Forscher in einer vorparadigmatischen Phase der Wissenschaft ein großer Freiraum in der Wahl seiner Experimente, so dass Wissenschaftler stark unterschiedliche Aspekte ihres Themengebietes untersuchen und die hierbei gefundenen Theorieansätze die Experimente anderer Forscher nicht zu erklären vermögen.
Auf diese Weise entstehen oft viele konkurrierende und inkompatible Ansichten unter Wissenschaftlern. Als Beispiel nennt Kuhn die Elektrizität, welche durch Reibungsphänomene oder natürliche Abstoßung und Anziehung erklärt und von wieder anderen als Flüssigkeit angesehen wurde, bevor zur Zeit Benjamin Franklins eine paradigmatische Theorie der Elektrizität entstand.
Während die Mathematik schon seit der Antike paradigmatischen Charakter habe, seien laut Kuhn andere Wissenschaftsbereiche wie die Genetik erst seit relativ kurzer Zeit paradigmatisch. Wieder andere Bereiche, besonders in den Sozialwissenschaften befinden sich noch immer in einem vorparadigmatischen Zustand.
Normalwissenschaft bezeichnet in der wissenschaftstheoretischen Konzeption von Kuhn eine der beiden möglichen Phasen der Wissenschaftsentwicklung, nachdem eine Wissenschaft die vorparadigmatische Phase hinter sich gelassen hat. Von ihr unterschieden wird die außerordentliche oder revolutionäre Phase.
Charakteristisch für Normalwissenschaft ist die Akzeptanz eines Paradigmas durch die wissenschaftliche Gemeinschaft, auf dessen Basis Forschung betrieben wird. Zum einen wird der Bereich relevanter Probleme durch das Paradigma drastisch eingeschränkt, dies bedeutet aber auf der anderen Seite die Möglichkeit, in die Tiefe gehende Forschung zu betreiben.
Die Aufgabe des Wissenschaftlers in normalwissenschaftlichen Phasen ist die Lösung von Problemen, deren Lösungsregeln implizit durch das Paradigma gegeben sind.
Kuhn bezeichnet diese Tätigkeit als Lösen von Rätseln, in Analogie zu Puzzlen oder Schachproblemen, in denen die Grundregeln fest vorgegeben sind.
Als Rätsel werden bevorzugt Probleme angegangen, von denen vermutet wird, dass eine Lösung für sie existiert und mit Hilfe der Lösungsregeln auch gefunden werden kann. Ist dies nicht der Fall, werden Probleme oft als metaphysisch abgelehnt.
Im wesentlichen gibt es drei Sorten von Rätseln:
1. Bestimmung bedeutsamer Tatsachen
Dies bedeutet z.B. die Bestimmung der Spektren von Molekülen oder Wellenlängen.
2. gegenseitige Anpassung von Fakten und Theorie
Dies beinhaltet die Beseitigung von Ungenauigkeiten durch Miteinbeziehung von in der idealisierten Theorie vernachlässigten Phänomenen wie Luftwiderstand oder Reibung, und auf der anderen Seite bestätigende Experimente wie die Atwoodsche Fallmaschine oder riesige Detektoren zum Nachweis von Neutrinos.
2. Artikulation des Paradigmas
Hierzu zählen die Beseitigung noch bestehender Unklarheiten der Theorie, Versuche einer logisch überzeugenden Darstellung einer Theorie und die Herleitung neuer Gesetze aus der Paradigmatheorie.
Weitere normalwissenschaftliche Tätigkeiten, die unter diese Punkte fallen, sind die Bestimmung universeller physikalischer Konstanten, die Formulierung quantitativer Gesetze, Musterbeispiele für die Lösung wissenschaftlicher Probleme und die Inkorporierung neuer Phänomene in das Paradigma.
Prinzipiell geht es dem Forscher dabei nicht um die Überprüfung oder Falsifikation des Paradigmas. Über dieses herrscht Konsens unter den Wissenschaftlern. Ziel der Normalwissenschaft sind also keine fundamentalen Neuerungen, die das Weltbild umstürzen könnten, sondern schrittweise Verbesserung von Theorien im Rahmen des gegebenen Paradigmas.
Auf keinen Fall sieht Kuhn in normalwissenschaftlicher Forschung eine wenig herausfordernde Routinetätigkeit. Analog zu vielen wirklichen Rätseln sind sowohl Kreativität nötig als auch die Fähigkeit, Methoden auf technisch oder abstrakt-mathematisch hohem Niveau anwenden zu können. Außerdem treten auch innerhalb der Normalwissenschaft Innovationen auf, nur betreffen diese nicht die Grundpfeiler der Theorie.
Sofern Probleme bei der Lösung der Rätsel auftreten, werden sie in den meisten Fällen der mangelnden Qualität des Wissenschaftlers oder der verfügbaren experimentellen Methoden zugeschrieben. Durch diese enge Bindung der wissenschaftlichen Praxis an das Paradigma wird eine Spezialisierung und Tiefe erreicht, die ohne den Glauben an eine sichere Basis nicht möglich wäre.
Im Gegensatz zur von Karl Popper vorgeschlagenen Falsifizierbarkeit hält Kuhn die Möglichkeit, Normalwissenschaft zu treiben für das entscheidende Abgrenzungskriterium zu vorwissenschaftlichen oder pseudowissenschaftlichen Theorien.
Kuhn beschreibt Paradigmen folgendermaßen:
Ein Paradigma funktioniert, indem es dem Wissenschaftler sagt, welche Entitäten es in der Natur gibt und welche nicht, und wie sie sich verhalten. Durch diese Informationen entsteht eine Landkarte, deren Einzelheiten durch reife wissenschaftliche Forschung aufgehellt werden. Und da die Natur viel zu komplex und vielfältig ist, um auf gut Glück erforscht zu werden, ist diese Landkarte genauso wichtig für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Wissenschaft wie Beobachtung und Experiment.
Erst wenn über einen längeren Zeitraum hinweg an zentralen Stellen Probleme aufgetreten sind oder überraschende Entdeckungen gemacht worden sind, beginnt die Phase der außerordentlichen Wissenschaft. In ihr wird auch wieder über die Grundlagen selbst diskutiert. Eine solche Krise kann zu einem Paradigmenwechsel führen, bei dem das Paradigma der Disziplin verworfen und durch ein anderes ersetzt wird.
Von Kuhn angeführte Beispiele für wissenschaftliche Revolutionen sind unter anderem die Ablösung der Phlogistontheorie durch Lavoisiers Sauerstoffchemie, Einsteins Relativitätstheorie, die die klassische Newtonsche Physik ablöste, und in besonderer Ausführlichkeit die Kopernikanische Wende vom geozentrischen hin zum heliozentrischen Weltbild. Der Wissenszuwachs ist nun im Gegensatz zur Normalwissenschaft nicht kumulativ, da wichtige Teile der alten Theorie aufgegeben werden. Der Inhalt der nachrevolutionären Theorie ist vorher nicht abzusehen, unerwartet.
Mit wissenschaftlichen Revolutionen verändern sich nach Kuhn nicht nur die Theorien, sondern auch das allgemeine Weltbild und die wissenschaftliche Praxis. Dies führte dazu, dass Kuhn in Structure wiederholt davon spricht, dass es so ist, als würde sich nicht die Interpretation des Menschen, sondern die Welt selbst ändern. Ein Paradigma wirkt sich auf tieferen Ebenen aus: es betrifft selbst die Wahrnehmung der Wissenschaftler. Vorläufer bezüglich dieser Behauptung sind Ludwik Fleck, Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, und Norwood Russell Hanson, Patterns of discovery. Aufgrund der kognitiven Dimension von Paradigmen vergleicht Kuhn Paradigmenwechsel mit sogenannten Gestaltwechseln. Diese kennzeichnet ein plötzlicher Wechsel von einer zu einer anderen Wahrnehmung.
Im ausdrücklich formulierten Gegensatz zu dem falsifikatorischen Ansatz Karl Poppers behauptet Kuhn, dass Paradigmen nicht nur deshalb aufgegeben werden, weil sie falsifiziert wurden.
Ein Paradigma wird erst dann aufgegeben, wenn es durch ein anderes ersetzt werden kann. Ein Aufgeben des Paradigmas durch die wissenschaftliche Gemeinschaft ohne Ersatz würde, Kuhn zufolge, die Aufgabe der wissenschaftlichen Tätigkeit per se bedeuten. Ebenso wenig kann Evidenz zwischen zwei um die Paradigmavorherrschaft konkurrierenden Theorien entscheiden. So behauptet Kuhn, dass es zur Zeit der Erfindung des Kopernikanischen Systems keine Evidenz gab, die dieses System über das damals etablierte Ptolemäische System erhoben hätte. Dieses Argument ist heute als Unterdeterminierung von Theorien durch Evidenz bekannt und wird insbesondere von Empiristen wie von Bas van Fraassen verwendet.
Einer der umstrittensten und meistdiskutierten Punkte von Kuhns Philosophie ist das auf einer Analogie mit der Mathematik beruhende Konzept der Inkommensurabilität, das er unabhängig von, aber etwa zeitgleich mit Paul Feyerabend in die Wissenschaftstheorie einführte. Kuhn betrachtete konkurrierende Paradigmen aus folgenden Gründen als grundsätzlich inkommensurabel:
Die Paradigmen bieten Lösungen für unterschiedliche Probleme. Der Fokus auf das, was als durch die Wissenschaft zu klärendes Problem anzusehen ist, ändert sich hierbei.
Auch wenn das Vokabular oft das gleiche bleibt, ändern sich die Begriffe, die die Worte bezeichnen, radikal.
Anhänger konkurrierender Paradigmata üben ihre Tätigkeit in verschiedenen Welten aus.
Ein Beispiel für die Inkommensurabilität zweier Theorien rekrutiert Kuhn aus der Astronomie: Das Ptolemäische Weltbild postuliert folgende Menge als „Planeten“: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn (Uranus, Neptun und Pluto waren damals noch unbekannt). Im Kopernikanischen Weltbild hingegen firmiert jedoch eine ganz andere Menge als „Planeten“, nämlich Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn. Zudem werden zwei neue Kategorien eingeführt, nämlich die Sonne als ein-elementige Menge und die Kategorie Satelliten, in die der Mond der Erde und später die Monde des Jupiter, entdeckt durch Galilei, gehören. Im Ptolemäischen System drehen sich die Planeten um die Erde und im Kopernikanischen System um die Sonne ist kein sinnvoller Satz, da die Extensionsmenge der Kategorie „Planeten“ in den beiden Systemen nicht die gleiche ist.
Als weiteres Beispiel nennt Kuhn die Revolution von der Newtonschen Physik zur Relativitätstheorie Einsteins. Obwohl gewisse Gemeinsamkeiten z. B. in der Begriffswahl bestünden, seien die Modelle inkommensurabel, weil selbst gleiche Begriffe wie etwa die Energie in beiden Theorien eine unterschiedliche, grundsätzlich nicht vergleichbare Bedeutung hätten. Demnach könnte die Newtonsche Physik auch nicht als Annäherung an die Speziellen Relativitätstheorie für Geschwindigkeiten, die klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind, angesehen werden. Ein sanfter Übergang der einen Lehre in die andere sei somit nicht möglich gewesen. Kuhn lehnt das Korrespondenzprinzip im Bohrschen Sinne also grundsätzlich ab.
Erst die Hypothese der Inkommensurabilität gibt der Kuhnschen Auffassung der Wissenschaftentwicklung die eigentliche Brisanz. Gewisse Phasen der Irrationalität beim Übergang zwischen verschiedenen Paradigmen wären wissenschaftstheoretisch noch akzeptabel, wenn es möglich wäre, altes und neues Paradigma nach vollzogenem Übergang rational zu vergleichen und sicherzustellen, dass wirklich ein Fortschritt gemacht wurde. Gerade dieses aber scheint die Inkommensurabilitätshypothese zu verneinen. Die Wissenschaft wäre demnach also nicht einer fortlaufend rational nachweisbaren Höherentwicklung unterworfen, wie es zum Beispiels Poppers Auffassung war.
Interessant ist, dass Kuhn, obwohl er die Inkommensurabilitätshypothese aufstellte, diese strenge Auffassung der nichtrationalen Entwicklung der Wissenschaften nicht selbst vertrat, die stattdessen von anderen Wissenschaftstheoretikern als Konsequenz aus der Inkommensurabilität gefolgert wurde. Kuhn selbst war durchaus der Auffassung, dass die Wissenschaft Fortschritte macht, allerdings nicht durch Paradigmenvergleich nachweisbar, weil laut ihm der Fortschritt eher dadurch entsteht, wie Wissenschaftlichkeit definiert wird.
Kuhn sieht also in der Entwicklung der Wissenschaften nicht ein fortschreitendes Anwachsen des Wissensvorrates durch Akkumulation, sondern einen Prozess, der gekennzeichnet ist durch dezidierte Brüche.
Die Berühmtheit von Thomas Kuhns Thesen und seine zum Teil quasi-poetische Sprache hat zu vielen Fehldeutungen in der Rezeptionsgeschichte geführt. Insbesondere der Begriff des Paradigmenwechsels wurde später zu einem schillernden und gerne auch außerhalb von wissenschaftlichen Theorien vereinnahmten Schlagwort, da sich mit ihm moderne Werte wie Innovation, Fortschritt, Kreativität u. a. verknüpften. Beispielsweise verwendet Samuel P. Huntington die These des Paradigmenwechsels in seinem Buch Kampf der Kulturen für die Erklärung des Aufkommens seines Zivilisationenparadigmas.
Die Popularisierung zum Allerweltsbegriff und die „Entwicklung zur Beliebigkeit sowie der „Kultstatus“ des Begriffes haben Kuhn immer wieder als einen Wegbereiter der Postmoderne erscheinen lassen, obgleich er sich davon explizit distanziert hat.“
Kuhn selber sah schon die Übertragung seiner Befunde aus der Geschichte der Naturwissenschaften auf andere Wissensbereiche, wie die Soziologie, als problematisch an.
BONUSSYSTEME ZERSTÖREN UNSERE UNTERNEHMEN - Ein Paradigmenwechsel - Wir haben die Bonussysteme, zur Rettung unserer Volkswirtschaften, strikte zu verbieten unter Androhung von Haft bis zu 25 Jahren und BONUSSYSTEME müssen mit BANKRAUB gleichgesetzt werden. Empfänger von Bonussystemen müssen mit Bankräuber identisch bestraft werden können. BONUSSYSTEME gehören weltweit als finanzielle Massenvernichtungswaffen gebannt!